Für die Galerie des SeelenART Events haben wir uns entschieden, statt einer einfachen Galerie den Kursbericht von Tina Löffler https://www.agilavet.de. zu verwenden. Vielen Dank an Tina dafür! Und nun viel Spaß beim Lesen!


 

Am 2. und 3. Juni 2018 waren Monika Sanders aus Schweden und Dörte Bialluch aus Portugal bei uns in Bischoffen-Wilsbach zu Gast. Gemeinsam mit den beiden, acht tollen Pferd-Mensch-Paaren und vielen lieben und interessierten Zuschauern durften wir ein wahnsinnig schönes, berührendes und inspirierendes Seminar-Wochenende erleben. Und um es vorweg zu nehmen: Es war komplett anders, als alle Seminare, die wir bisher besucht oder veranstaltet haben.

 

Zeige Deinem Pferd, was Du im eigenen Körper kannst!

Sabine mit ihrem 4jährigen Lewitzer Phoenix, begleitet von Monika

Den ersten Teil des Kurses gestaltete Monika in Theorie und Praxis. Ihr Fokus lag dabei auf der Arbeit mit uns Menschen. Ihr ging es vor allem darum, sich der eigenen Denkweise und dem eigenen Körpergefühl bewusst zu werden. Denn unsere Einstellung/unser Verhalten wird durch Erinnerungen und Erfahrungen geprägt, die fest im Unterbewusstsein verankert sind und leider oftmals eine bremsende Wirkung entfalten können. Dort, wo uns positive Erfahrungen ermutigen und bestärken, können negative Erfahrungen dazu führen, dass wir uns einige Dinge nicht zutrauen. Es gibt eine wunderschöne Weisheit, die an dieser Stelle sehr passend ist: „Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal“.Monika hat diese Weisheit kurz und knapp in einem eindringlichen Appell an uns ausgedrückt: „Denk Dir von vornherein nicht alles kaputt“.

 

Dorle mit ihrem bezaubernden Warlander-Stütchen Rubina, 6 Jahre

In den Praxiseinheiten ging es Monika darum, die Energie und den Rückenschwung im eigenen Körper zu spüren, den Fokus bei der Linienführung ausschließlich auf den eigenen Körper und die eigene Energie- und Bewegungsrichtung zu legen, Verspannungen im eigenen Körper zu erfühlen, die sich möglicherweise bei der Hilfengebung ergeben (z. B. beim Heben des Armes zur Travers-Hilfe vom Boden aus) und vor allem die Zuschauer und eigenen Erwartungshaltungen auszublenden. „Bleib bei Dir“ und „Es gibt kein Richtig oder Falsch“, war ihr liebevoller Rat an uns alle.

 

Angela mit La Faena, Paso Fino-Stute, 15 Jahre
Angela mit La Faena, Paso Fino-Stute, 15 Jahre

Der Fokus lag bewusst nicht darauf, wie unsere Pferde die Hilfengebung umgesetzt haben. Unsere Pferde waren in den Praxiseinheiten treuer Begleiter – Monikas Augen waren aber ausschließlich auf uns Menschen gerichtet. Eine spannende Erfahrung. Denn gerade bei uns in der AR versuchen wir ja immer exakt darauf zu achten, ob unser Pferd alles richtig macht. So können wir uns beispielsweise bei der Frage, ob das innere Hinterbein exakt unter den Schwerpunkt fußt, gerne mal in Detailarbeit verlieren – ein bisschen mehr klingeln am äußeren Zügel, ein bisschen diffiziler mit der Gerte als inneren Schenkel, ein bisschen mehr Stellen, ein bisschen… Hand aufs Herz – wie oft verlieren wir dabei den Fokus auf uns und merken nicht, in welche Richtung der Energiefluss zwischen Pferd und Mensch gerade stattfindet? Und meist versuchen wir, unsere Pferde möglichst gut und stolz vor den Augen der Zuschauer zu präsentieren. Manchmal hilft es, die Sichtweise zu ändern, um offen für Neues zu sein.

 

 

Pferde wollen auch stolz auf ihre Besitzer sein

Anna und ihr Mannitou, Knabstrupper-Mix, 13 Jahre
Anna und ihr Mannitou, Knabstrupper-Mix, 13 Jahre

„Stellt Euch vor, Eure Pferde würden stolz durch die Reithalle schreiten und dabei sagen, schaut her, wie toll mein Mensch das macht und wie anmutig er sich bewegen kann“, forderte Monika uns auf, eine andere Sichtweise einzunehmen. Und siehe da, alle Teilnehmer hatten ein Lächeln im Gesicht und bemühten sich sichtlich, ihre Pferde stolz zu machen. 🙂 Und genau darum geht es, gemeinsam zu tanzen, aufeinander stolz sein zu dürfen, neugierig zu bleiben und Lust haben, gemeinsam neue Wege zu gehen und sich auszuprobieren. Dabei dürfen wir übrigens auch gerne mal unserem Pferd die Führung überlassen und einfach aufmerksam zu beobachten, was passiert.

 

 

 

Energien spüren und reflektieren

Auch die Zuschauer wurden aktiv eingebunden: Körperarbeit zur Energieübertragung
Auch die Zuschauer wurden aktiv eingebunden: Körperarbeit zur Energieübertragung

Den zweiten Teil des Kurses leitete Dörte mit einer Theorieeinheit ein. Dörte hat uns viel über ihre eigenen Pferde erzählt, z. B. über das Herdengefüge und wer innerhalb der Herde mit wem sein darf und möchte. Sie hat uns erklärt, wann und wie sie mit ihren Pferden arbeitet. So arbeitet Dörte beispielsweise nur mit den Pferden, die sich anbieten und sich für eine gemeinsame Einheit „bewerben“. Die, die kein Interesse zeigen, dürfen entsprechend auch nicht die Zeit mit ihr verbringen. So hat sie immer top motivierte Pferde, die Spaß an der gemeinsamen Zeit haben. Wer jetzt glaubt, dies sei für „Einpferdebesitzer“ gar nicht umsetzbar –Doch! Übertragen auf diese heißt es nichts anderes, als sein Pferd immer genau anzuschauen und zu studieren um sehen zu können, wie es sich gerade fühlt oder ob es ggf. irgendwo im Körper hakt. Es ist wichtig, auf die Wünsche des Pferdes einzugehen und anzunehmen, was es gerade anbietet. Der beste Rote Pfaden nützt nichts, wenn das Pferd gerade nicht für unseren sorgsam ausgeklügelten Leitfaden bereit ist. „Schenkt Euren Pferden Gehör und lasst sie mitentscheiden“. Mit diesen Worten im Ohr sind wir in die Praxiseinheiten gestartet.

 

 

Alex mit ihrem 22jährigen Westphalen-Wallach Gito
Alex mit ihrem 22jährigen Westphalen-Wallach Gito

In den Praxiseinheiten hat Dörte uns immer wieder die verschiedenen Energien spüren lassen – sei es vom Boden aus oder im Sattel. Wie reagiert das Pferd, wenn der Mensch etwas verändert? Wann wünscht und braucht das Pferd die Nähe seines Menschens, eine Berührung? Und wann wandelt sich ein Wunsch nach Nähe vielleicht auch mal in ein respektloseres Einfordern? Was ändert sich in der Atmung oder in der Muskulatur des Pferdes, wenn man selbst die Atmung verändert oder Energie rausnimmt? Wie reagieren unsere Pferde auf kurze oder lange Schritte?

 

 

Tina & Cheyenne, Hessen-Wallach und mit 26 Jahren der älteste Teilnehmer
Tina & Cheyenne, Hessen-Wallach und mit 26 Jahren der älteste Teilnehmer

Wie reagieren Pferde auf Gewichtsverlagerungen, wenn man vor ihnen steht, d. h. zum Beispiel ein Bein mehr belastet? Was passiert, wenn man beim Reiten den Viertakt des Schrittes wirklich in seine eigene Bewegung aufnimmt. So hatte ich beispielsweise eine völlig neue Begegnung mit meiner Psoas-Muskulatur und ein zutiefst dankbares Pferd, das sofort anfing zu schreiten und sich vor allem im Brustkorb anzuheben. Ein anderes Pferd, welches oftmals zwischen Genie und Wahnsinn oder auch als „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ unterwegs ist, konnte sich trotz Kursatmosphäre zu 100% auf seinen Menschen einlassen und wurde durch nichts mehr aus der Ruhe gebracht. Es war berührend zu sehen und zu erleben, wie sehr die Pferde sich auf unsere Energien einstellen möchten.

 

 

Steffi und Gladys, Traber-Stute, 8 Jahre
Steffi und Gladys, Traber-Stute, 8 Jahre

Sonntags haben wir nahtlos -entweder am Boden oder auch im Sattel- an das Erfahren und Erspüren des ersten Tages angeknüpft. Jedes Pferd-Mensch-Paar konnte noch einmal ganz individuelle und wertvolle Erfahrungen mit nach Hause nehmen – so ging es beispielsweise nicht nur um statischen, physischen, offenen oder geschlossenen Sitz, sondern vor allem auch um den Wohlfühlsitz. Was löst ein schönes Gefühl im Umgang mit unseren Pferden aus und bringt uns innerlich zum Lächeln?

 

 

 

Sabine und ihr Kalle, Isländer, 10 Jahre
Sabine und ihr Kalle, Isländer, 10 Jahre

Der wilde Galopp über die Wiese? Die Verbindung von zwei Geistern, die wollen, was zwei Körper können? Jeder Reiter hat sein eigenes inneres Bild, das ihn glücklich macht und das ihm so automatisch zum Wohlfühlsitz verhilft. Auch wenn der Sitz selbstverständlich die Primärhilfe ist, sollten wir uns dennoch nicht in die Schablone des „schönen oder technisch korrekten Sitzes“ pressen lassen, denn der gute Sitz fängt mit der Entspannung an. Oder wie Dörte lächelnd meinte: „Entweder sitze ich schön oder ich reite schön“.

 

 

Im Abschlussgespräch sind wir noch einmal auf einen ganz wichtigen Aspekt eingegangen:

Der Umgang mit Blockaden

Unsere liebe Dörte
Unsere liebe Dörte

Hand aufs Herz – einige von uns neigen dazu, sich mit negativen Glaubenssätzen selbst zurückzuhalten, sich selbst zu blockieren. Wer von uns hat nicht hat nicht mindestens schon einmal „Ich kann das nicht“, „Ich habe kein Talent“ oder „Ich lerne das nie“ gedacht? Manchmal geben wir auf, versuchen gar nicht ein Ziel zu erreichen oder halten immer an gleichen Mustern und Methoden fest und wundern uns, damit nicht zum Ziel zu kommen. Dabei wusste doch schon Albert Einstein, dass die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. 😉

Angst kann uns ebenso blockieren – sei es die Angst, Fehler zu machen oder möglicherweise Angst vor den Blicken anderer. Diese Blockaden im Kopf hindern uns oftmals daran, uns über das bereits Erreichte aufrichtig zu freuen, die kleinen Dinge zu genießen und offen, freudig und neugierig an neue Situationen heranzugehen. Wir sollten scheinbare Misserfolge immer dazu nutzen, neugierig nach Lösungen zu suchen. Ein Weg, den Monika gerne geht, kann beispielsweise sein, sich in einer Einheit vorzunehmen, eine Hilfe (z. B. den äußeren Zügel) komplett wegzulassen, um so neugierig auszuprobieren, wie man diese Hilfe in dieser Einheit ersetzen könnte. Wir sollten alle viel öfters mal Pippi und seltener Annika sein. 😉 Alles ist bereits da, wir müssen nur geduldig mit uns selbst sein und den Schlüssel finden.
Auf der Suche nach dem Schlüssel kann uns oft ein Reitlehrer prima unterstützen. Aber auch manchmal ist es so, dass der Reitlehrer nicht (mehr) zu uns passt und wir deshalb eine Blockade im Kopf entwickeln. Und manchmal brauchen wir auch einfach mehr als einen Reitlehrer, der uns begleitet.
 

 

Head, Heart & Hand

"Sei mehr Pippi als Annika" - der Aufruf von Monika
„Sei mehr Pippi als Annika“ – der Aufruf von Monika

Das Wunderbare in der Akademischen Reitkunst ist, dass jeder von uns die Unterstützung findet, die er gerade benötigt. Es ist okay, unterschiedliche Lehrer für unterschiedliche Aufgaben zu haben. So haben auch Dörte und Monika unterschiedliche Lehrer. Manchmal braucht’s einen Lehrer, der den Fokus auf die eher technisch korrekte Ausführung legt. Manchmal brauchen wir die Ermutigung „einfach mal zu machen“ und manchmal braucht es Lehrer, die uns im Herzen berühren und mit uns auf SeelenART gehen. Eine liebe Teilnehmerin hat das wunderschön für unsere Kurse in Bischoffen zusammengefasst: „Neben unseren Handwerksmeister- und Professorenkursen haben wir nun unseren Herzenskurs gefunden“.

Eddy, unser Star-Verkäufer am Büchertisch
Eddy, unser Star-Verkäufer am Büchertisch

Zu guter Letzt möchten Steffi und ich uns bei Monika und Dörte, allen aktiven Paaren und Theorieteilnehmern/Zuschauern von Herzen bedanken. Danke für Euren Mut und Eure Neugier, dass Ihr Euch gemeinsam mit uns auf dieses Experiment eingelassen und dieses Wochenende damit so unvergesslich gemacht habt. Ganz besonderen Dank auch an die fleißigen Helfer im Hintergrund – die Ponys und alle Teilnehmer haben sich herzlich Willkommen und liebevoll umsorgt gefühlt.

 

 

 

reitschule am talberg bischoffen wilsbach - swirl4 image
reitschule am talberg bischoffen wilsbach - swirl4 image